Meine Pilgerreise zum Grab des hl. Jakobus in Santiago de Compostela

1. Tag. Montag, den 16.03.2009
2.200 km bis 800 km vor Santiago

Hola amigos, buenos dias!

„Nun bin ich endlich da“,… 

als Fußpilger auf dem Jakobsweg, dem Camino de Santiago, auf dem Weg zum Grab des hl. Apostels Jakobus, nach Santiago de Compostela.

Viele fragen sich, warum macht jemand so etwas, warum nimmt man solch eine Strapaze auf sich. Es gibt sicherlich sehr viele verschiedene Antworten darauf.
 

Hier ist meine Antwort:
Diese Pilgerreise soll eine Dankesreise an den Herrn sein. Dank für alles, was er uns in unserem Leben bisher beschert hat. Dank für unsere Eltern, die uns erzogen und zu dem formten was wir geworden sind, dank für unsere große intakte Familie, für unsere guten Kinder und Schwiegerkinder und für unsere lieben Enkel Sophie, Max, Anna, Henri und insbesondere für das im Juli zu erwartende Enkelchen von Cordula und Matthias. Dank für unsere gute Nachbarschaft und für gute Freunde, die uns auf unserem Weg in guten und auch in schlechten Zeiten ein Stück unseres Weges begleitet haben. Dank aber auch an den Herrn, dass er es mir nach meiner schweren Krankheit ermöglicht, auf diese Weise Dank sagen zu können. 

Nach der Besserung von meiner schweren Erkrankung wollten wir schon immer etwas besonderes als Dank unternehmen. Nur war uns lange nicht klar, was es sein sollte. Immer wieder stieß ich dabei auf den Jacobsweg, ohne zunächst zu wissen, was es damit überhaupt auf sich hat. Irgendwann kam dann Hape Kerkeling mit seinem Buch auf den Markt. Kurz danach lernten wir unseren heutigen Freund, Wilhelm Leugers, kennen. Wilhelm hat vor zwei Jahren als 73-jähriger den Jakobsweg von Trier bis Santiago mit dem Rad gemacht.
Wir lernten ihn bei seinem ersten Vortrag kennen, wo er über seine Erlebnisse auf der Pilgerreise berichtete. Wir waren fasziniert. Da hat es dann wohl bei uns „klick“ gemacht und wir, meine Frau und ich, waren uns bald einig, ebenfalls eine Pilgerreise nach Santiago zu unternehmen. Fortan begleitete ich Wilhelm Leugers bei seinen Vorträgen und leitete die Diashows. Bei diesen Gelegenheiten lernte ich weitere Jakobspilger kennen, so z.B. Wilhelm Klare aus Castrop-Rauxel, Silvia Schubert aus Recklinghausen, Anni Laukötter aus Oer-Erkenschwick, die allesamt den Jakobsweg ganz oder zum Teil gegangen sind und die uns alle behilflich waren bei unserer Planung.  Ein Besuch bei den „Jakobusfreunden“ in Paderborn brachte uns wertvolle Tipps ein. 

Vor 1 ½ Jahren fingen wir also an, uns auf diese Reise vorzubereiten. Wir erzählten niemandem von unserem Vorhaben. Irgendwann sind natürlich die Kinder dahinter gekommen. So kommt es, dass die meisten Freunde und Verwandten erst durch diesen Bericht davon erfahren. 
 














Pilgersegen von Pfarrer Kreiss

Ich besorgte mir entsprechende Literatur, Wander- und Herbergsführer. Ebenso studierte ich die Literatur bezüglich der erforderlichen Ausrüstung. Letztlich haben wir versucht, uns körperlich für die Reise fit zu machen. Wir besuchten seit dem jede Woche ein Fitnessstudio und steigerten unsere Waldläufe (Nordic-Walking). Aus fünf km wurden bald zehn, 15, 20 Kilometer und mehr pro Trainingseinheit. Außerdem trainierten wir am Kanal von Datteln nach Haltern und zurück, sowie auf dem Renn- und Dachsberg in Flaesheim mit dem vollen Rucksack, denn wir wollten nicht unvorbereitet diese Herausforderung auf uns nehmen.

Dann kam das Pech mit meiner lieben Ursel. Zunächst schmerzte der rechte Fuß. Sie musste das Lauftraining abbrechen. Dann kam der Bruch eines Zehs am linken Fuß dazu. Drei Monate schon ohne Lauftraining. Dann wollte sie das Training wieder aufnehmen. Bereits beim ersten Lauf durch die Haard sagte es „knacks“ im Knie. Der Meniskus war dahin, was Anfang Dezember mit einer Operation endete. Bei der Untersuchung wurde außerdem eine starke Arthrose festgestellt. Mir war von da an klar, dass Ursel diese Herausforderung nicht auf sich nehmen kann, dass es sogar unverantwortlich wäre, wenn sie diese Pilgerreise antritt. Es sollte einfach nicht sein. Wir konnten lange Zeit nicht darüber reden, weil sie immer noch Hoffnung hatte, mitkommen zu können. Bis sie dann selbst, kurz vor Weihnachten, nach Rücksprache mit dem Arzt ein Einsehen hatte. Es tut mir so leid, dass sie nun nicht mitkommen kann, sie hat sich so darauf gefreut.
Dennoch werden wir gemeinsam das Grab des heiligen Jacobus besuchen. Ich werde den Weg zu Fuß gehen und Ursel werde ich in ca. sechs Wochen am Flughafen in Santiago in Empfang nehmen. Zusammen werden wir dann die letzten Km zum Grab des heiligen Jakobus gehen.


Abschied von der Familie und Freunden

Am Sonntag, dem 15.03., habe ich nach der Messe von unserem Pfarrer den Pilgersegen bekommen. Die ganze Familie, viele Freunde und Bekannte waren gekommen. Anschließend habe ich von meiner Familie und einigen Freunden mit einer kleinen Feier Abschied genommen. Zum Abschied hat meine liebe Ursel mir noch den “Frankfurter Kranz”, meinen Lieblingskuchen, gebacken.

Liebe Ursel, schönen Dank für alles, was Du in Deinem Leben für mich, für die Familie und auch für Andere gemacht hast. Gott vergelts. Nun sei nicht besorgt um mich, denn der heilige Jakobus wird mich auf meinem Weg begleiten und mir beistehen. So freue ich mich schon jetzt auf den 28.04., wenn wir uns in Santiago wiedersehen.

Lange habe ich mit mir gehadert, wie ich wohl nach Saint-Jean-Pied de Port, dem eigentlichen Ausgangspunkt meiner Reise, komme. Da gibt es zunächst den Flieger, der aber bis Bilbao fliegt, also 200 km an meinem Ausgangspunkt vorbei. Ich habe gelesen, dass es eine umständliche Rückfahrt mit dem Bus und der Bahn ist. Eine weitere Möglichkeit ist es, mit der Bahn zu fahren. Dann hätte ich aber mitten in der Nacht in Paris den Bahnhof wechseln müssen und das ohne Sprachkenntnisse. "Nein, danke" habe ich mir gesagt. So entschied ich mich für die dritte Möglichkeit, mit dem Euroline-Bus von Dortmund bis Bayonne zu fahren, um dann die letzten 50 km mit der Bahn bis Saint-Jean-Pied de Port zu erledigen.

 

 

 

 



Aufbruch in Dortmund

Am 16.03.2009, um 10 Uhr, bin ich von Dortmund aus mit dem Bus gestartet. Es war eine lange Fahrt von fast 18 Stunden. Um 4 Uhr in der Frühe hat mich der Busfahrer nach gutem Zureden an der Autobahnausfahrt „Bayonne-Nord“ herausgelassen. Nun konnte ich endlich meine Füße ausschütteln, denn der Bus macht so gut wie keine Pause. Rund zwei km waren es bis zum Bahnhof. Ich hatte viel Zeit, da der erste Zug erst um 8 Uhr abfuhr. So besuchte ich erst mal ein Bistro am Bahnhof und besichtigte ein wenig die Stadt. Pünktlich um 8 Uhr ging es dann weiter. Es fanden sich noch zwei Pilger ein, und so kam ich mir nun nicht mehr so ganz allein vor. Ich konnte mich sogar mit ihnen auf deutsch unterhalten, denn es waren Linde und Wolfgang aus Wien. Nach einer guten Stunde erreichte ich den Ausgangspunkt für meine Pilgerreise, die am Fuße der Pyrenäen gelegene Kleinstadt „Saint-Jean-Pied de Port“. Es ist die letzte Station auf französischem Gebiet, bevor es über die Pyrenäen nach Spanien geht.


 

 

 

 

 

Ankunft in Bayonne

Laut "Navi" ist die Strecke von Oer-Erkenschwick nach Santiago de Compostela 2.200 km lang. Rund 1.400 km habe ich nun mit dem Bus zurück gelegt. Laut “Rohter-Wanderführer” sind es nun nur noch 800 km Fußweg bis Santiago, bzw. 900 km bis Finesterre, wobei addiert rd. 8000 Meter bergrauf und rd. 7200 Meter bergrunter zu bewältigen sind.

Drückt mir alle die Daumen, dass ich durchkomme, und bittet den heiligen Jakobus, dass er mir beisteht, damit ich diese Herausforderung heil überstehe. Wünscht mir ein  “buen camino”, einen guten Weg. Allen Verwandten, Freunden und Bekannten herzliche Grüße aus Saint-Jean-Pied de Port.

Ich werde in unregelmäßigen Abständen, immer wenn ich einen Internetanschluss erwische, von meiner Pilgerreise einen kurzen Reisebericht erstatten.

Mit freundlichem Pilgergruß
“buen camino”

Euer Karl-Heinz

Die Pilgerstrecke von Saint-Jean-Pied de Port nach Santiago de Compostela

 

6 Antworten auf “Meine Pilgerreise zum Grab des
hl. Jakobus in Santiago de Compostela”

  1. Macke sagt:                                          Mein Sohn

    Bon Jour in France!
    Super, dass der Transfer so geklappt hat.

    Einen “BUEN CAMINO” wünschen Dir
    Cordu und Macke
     

  2. Silvia sagt:                            Eine Jakobspilgerfreundin

    Lieber Karl-Heinz,
    ich bin bei Dir auf dem Camino und hoffe, dass das Wetter so
    schön ist wie zur Zeit hier.
    So kannst du die Pyrenäen in voller Schönheit genießen!
    Gott beschütze Dich!
    Silvia
     

  3. Jürgen sagt:                            Mein Sohn

    Lieber Karl-Heinz,
    hoffe, dass die nächsten Etappen genau so gut klappen wie die ersten.
    Schöne Tage in den Pyrenäen.

    Jürgen
     

  4. Norbert Biewald sagt:        Meine Sangesschwester, mein Sangesbruder

    Lieber Karl-Heinz,

    wir freuen uns, dass Du einen guten Start hattest. Mann, jetzt bist Du
    tatsächlich auf dem Weg.
    Wir drücken Dir ganz feste die Daumen, das Du es gut schaffst und werden,
    immer mit einem Blick auf die Landkarte, gedanklich bei Dir sein.

    Alle guten Wünsche auf Deinem Weg
    von Maria und Norbert
     

  5.  

  6. Arno Molder sagt:                    Mein Freund aus Toronto

    Lieber Kalla

    ich rechne gerade nach und sehe, dass für Dich die letzte Nacht anbricht im vertrauten
    Heim vom Jakobsweg zu träumen, ehe es morgen Ernst wird. Es wird wohl ein turbulenter
    Tag im Kreise Deiner Familie und Freunde gewesen sein die sich alle mit den besten
    Wünschen, und auch mit gemischten Gefühlen, zur Wanderung auf dem Pilgerweg von
    Dir verabschieden.

    Gemischte Gefühl, weil sie Dich auch beneiden für den Entschluss, den vor Dir Tausende
    von Gläubigen schon gefasst haben. Heutzutage beginnst Du den Weg unter den besten
    Voraussetzungen für ein erfolgreiches Gelingen. Das beste aber ist dass Du es allein
    unternimmst. Es ist fast unmöglich in Deinem Bekanntenkreis einen annehmbaren oder
    idealen Schrittmacher zu finden. Die wirst Du unterwegs begegnen und darin liegt der
    Charme der neuen Begegnungen die sich Schritt für Schritt anbahnen. Deshalb war der
    beste Entschluss es zur Solowanderung zu machen. Darin liegt das Abenteuer.

    Gedanklich werde ich Dich begleiten wenn ich mich als Sesselabenteurer im fernen Kanada
    in die Kapitel von “Da bin ich Gleich mal weg” vertiefe. Diesmal bleibe ich zu Hause und
    rufe Dir anspornend zu

    adelante y buen viaje, Caminero

    Arnold

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