2. und 3. Tag. Dienstag/Mittwoch, den 17./18.03.2009
800 bis 770 km vor Santiago
Spruch des Tages:
Wo beginnt der Jakobsweg?
Dort, wo ich den ersten Schritt setze hin zu einem Ziel,
das weit in der Ferne liegt, das mir viel abverlangt,
dort beginnt der Jakobsweg für mich, mein Jakobsweg.
Dort wo ich loslasse: Die Heimat, den Alltag,
die Tagesarbeit, die Tagesroutine, die Dinge.
Dort wo ich aufbreche, nur mit dem Nötigsten in die Fremde ziehe.
Dort beginnt mein Jakobsweg, mein langer Weg zu einem fernen Ziel.
Lange hat es mich nicht mehr in Saint-Jean-Pied de Port gehalten. Ein Rundgang durch die Stadt, ein Gang auf die Zitadelle nach dem Besuch des Pilgerbüros, und dann ging es los in Richtung Valcarlos.
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Der Napoleonweg über der Pass war noch gesperrt. Ich musste also die Strasse gehen. Habe in Valcarlos eine hübsche Herberge gefunden, noch einmal ein richtiges Bett nach der schlaflosen Nacht im Bus. Um 8 Uhr gab es Frühstück, und um 9:30 Uhr bin ich in Richtung Roncesvalles gestartet. Es war eine schwere Tour. Eine Höhe bis 1057 m war zu überwinden. Es war sehr früh schon warm und am Mittag waren es selbst auf der Höhe von 1057 m, auf dem Gipfel des Ibaneta-Passes, weit über 20 Grad. Habe heute auf der ganzen Strecke so gut wie keinen Peregrino gesehen. Bin mal gespannt, wie viele es heute Abend sind.
Vom Ibaneta-Pass waren es nur noch 1.5 km bergab. In Roncesvalles angekommen habe ich mir erst mal in einer Bar "dos cervezas" einverleibt.
Zuvor möchte ich noch ein paar Anmerkungen zu dem geschichtsträchtigen Ort Ibaneta-Pass und dem historischen Kloster Ronesvalles machen. Dort hat Karl der Grosse eine herbe Niederlage einstecken müssen. Er verlor den Ritter Roland (das Rolandlied erinnert daran) und weitere 18 seiner Ritter. Ein großer Obelisk auf der Höhe des Ibaneta erinnert daran.
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Das Pilgerbüro öffnete erst um 16 Uhr. Wir waren zu dritt. Der 120 Betten "Schnarchsaal" war noch mangels Masse geschlossen. Wir wurden statt dessen in einen Raum geführt, in dem 12 Doppelstockbetten sehr nahe beieinander standen. Dahinter gab es eine Tür zum Waschsalon mit zwei Handwaschbecken, einer Dusche und einer Toilette. Für 24 Pilger recht wenig, aber wir waren ja nur zu dritt. Ich nutzte die Dusche reichlich und wusch mein Zeug. Als alles erledigt war, wollte ich das Klostergelände in Augenschein nehmen.
Als ich vor die Tür trat, traute ich meinen Augen nicht. Rund 30 Peregrinos stiegen aus einem Bus aus. In ganz kurzer Zeit war unser Raum total belegt. "Na" denke ich mir, "Jakobus wird es schon richten". Es ging wirklich am nächsten Morgen alles ohne Probleme vonstatten. Es waren alles total nette Leute.
Ich machte meinen Rundgang, besichtigte die älteste Kirche aus dem 13. Jh., deren Vorgängerkirche noch von
Karl dem Grossen errichtet wurde. Ich ging ins Innere des Klosters und fand
die Stiftskirche “Colegiatache Santa Maria” aus dem 13./14. Jh.
Die Tür war offen. Die tief stehende Sonne durchstrahlte die ansonsten dunkle
Kirche bis zum Hochaltar, über dem die mit Gold und Silber verkleidete
Marienfigur der "Nostra Senora des Roncesvalles" trohnte. Auch einen Altar gab
es, der dem heiligen Jakobus gewidmet war.
Ich besichtigte die Kirche und steckte für meine Familie und für alle meine Freunde Kerzen an. Ich las den Spruch des Tages aus dem Büchlein, welches mir Jürgen und seine Familie mit auf dem Weg gegeben haben. Ich versank in eine Bank und lies mein ganzes Leben noch mal Revue passieren. Ich lachte manchmal und es flossen auch Tränen.
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Ich betete zum Herren und zum hl. Jakobus und sang das mich auf dieser Reise begleitende schöne Lied aus dem Gotteslob: "Zeige mir den Weg, wenn der Morgen winkt", mit allen Strophen. Es war für mich ein ganz besonderer Moment. Um 20 Uhr feierten wir in der gleichen Kirche die hl. Messe. Am Schluss der Messe lud der Pfarrer alle zum Altar ein und spendete uns den Segen.
Nun hatten wir alle reichlich Hunger und es ging zum Restaurant. Es gab das Pilgermenü; als Vorspeise Nudeln, als Hauptgericht Forelle mit Pommes und als Nachspeise Eis, dazu noch Wein und reichlich Wasser, und das alles für 9 Euro. Unser Tisch war besetzt Linde und Wolfgang aus Wien, Angela, einer jungen Frau aus Paris, die in Barcelona arbeitet, mit zwei Spaniern, die entgegen unserer Laufrichtung eine Pilgerreise nach Lourdes unternahmen, und meiner Wenigkeit. Im Nu war es 22 Uhr, und wir mussten zur Herberge zurück, da diese dann geschlossen wird. Alle waren gespannt, wann der erste Schnarchhahn seine Töne von sich gibt. Um 22:15 ging das Licht aus. Es war eine ausgesprochen ruhige Nacht. Alle nahmen aufeinander Rücksicht.
18.3.2009 bei 16:59
auf jeden Fall: Weiterhin viel Kraft, Energie und Gottes Segen!
Bin schon ein wenig neidisch.
18.3.2009 bei 17:51
Dos Cervezas?
…und das in der Fastenzeit?
20 Grad auf 1000 Höhenmetern?
… Jeder kriegt es so wie er’s verdient.
Liebe Grüße
Macke
18.3.2009 bei 18:11
Bei weit über 20 Grad und nach einem solchen Marsch
schmeckt das Cerveza besonders gut!
Da werde ich auch etwas neidisch.
Gruß
Cassy
18.3.2009 bei 18:32
Hola Papa,
dann wünsche ich Dir einen guten Appetit bei Deinem
Pilgermenü und einen ruhigen Schlaf mit Deinen 120
Zimmergenossen - ach nein - mit Deinen Pilgerbrüdern
Adios
Andrea
18.3.2009 bei 21:47
Guten Abend aus Kölle.
Denke jeden Morgen an dich,
wenn ich zur Arbeit und zünde dir eine Kerze in unserer Kirche an.
Dir weiterhin alles Gute auf deiner Pilgerreise.
Kerstin