Drei ungewöhnliche Begegnungen

Hospital de Orbigo - Astorga - Santa Catalina de Somoza
27./28. Tag. Samstag/Sonntag, den 11./12.04.2009
287 km bis 269 km vor Santiago
 

Spruch des Tages:

Wenn du nicht weißt,
wohin du gehst,
landest du...
anderswo.
                           Lawrence Peter


Alfred, der Cowboy und sein Freund Karl

Samstag, 11.04.2009
Silvia, Hans und ich hatten uns in der Herberge für das Frühstück angemeldet. Silvia hat kaum Platz genommen, da sprach sie ein Peregrino auf schweizerisch an, Hans kam dazu und es gab ein großes “hola”. Nun, ich dachte, sie kannten sich vom camino her, und hatte der Begegnung nicht so viel Aufmerksamkeit gewidmet. Später erzählte mir Hans, dass der Peregrino nicht nur aus seinem Ort stammt, sondern dass er jahrelang mit ihm die Schulbank gedrückt hat. Er kam schon von Finesterre und Santiago zurück und will nun den Weg entgegen gesetzt, über Frankreich bis in die Schweiz zurück gehen. Ist das Zufall? Kann das Zufall sein?

Zu mir setzte sich ein burschikoser Typ mit Cowboyhut, wie sich später herausstellte ein Hut von Meiser, der allen Witterungen Stand halten soll. Da er sich kurz zuvor mit dem Hospitalero fließend auf spanisch unterhalten hat, glaubte ich, er sei Spanier.
Ich begrüßte ihn daher mit einem “hola, buenos dias” und fragte ihn: "?que tal"? (wie geht´s ?) Er antwortete: ” Muy bien, gracias”. Als ich ihn dann fragte: “?de donde eres"? (Woher kommst du?) lachte er mich ganz breit an und sagte:


Emilie vor und nach drei Wochen camino

“Aus Deutschland, aus NRW”,  und er berichtete sofort weiter, dass er aus Datteln kommt und vorher 20 Jahre in Oer-Erkenschwick gewohnt habe. Es ist Albert Jung, der 20 Jahre im Hause meines Hausarztes, Dr. Jakoub, auf der Kl.-Erkenschwicker Str. gewohnt hat. Na, das war natürlich eine große Überraschung. Da fragt man sich, ist das Zufall? Ich nannte ihn fortan "Der letzte Cowboy aus Oer".

Wir hatten wieder schönes Wetter, aber es war sehr kalt unterwegs. Man musste sich richtig warm einpacken. Es war ein sehr schön zu gehender Weg.

In der Herberge in Astorga kam es dann zu einer weiteren Überraschung. Ich traf die Schweizerin Emilie wieder, die ich hinter Pamplona kennen gelernt hatte. Sie erkannte mich sofort, während ich wirklich zwei Mal hinschauen musste. Da sie in Pamplona noch rund und pummelig gewesen war, war sie in den drei Wochen auf dem camino total schlank geworden. Man kann es kaum glauben, dass man sich auf dem camino in so kurzer Zeit so positiv verändern kann.


 Palacio Episcopat v. Antonio Gaudi

Alfred, Emilie und ich besichtigten die schöne Stadt, die schon sehr früh zu einem der wohlhabendsten Verwaltungszentren wurde. Ab dem 11. Jh. wurde Astorga zu einer der wichtigsten Pilgerstationen, da hier der camino frances und die von Sevilla kommende “Via de la Plata” aufeinander stoßen.

Genau wie in Leon hat in Astorga der berühmte Baumeister Antonio Gaudi gewirkt. Er hat neben der Kathedrale den Palacio Episcopat (Bischofssitz) gebaut. Über die galizischen Häfen kamen Kakao und Kaffee nach Astorga, und so wurde Astorga das Zentrum der spanischen Schokoladenindustrie, was man heute noch an den vielen Süßwarenläden erkennen kann.
Am Abend gingen wir drei zusammen in eine Tapasbar, um unseren Hunger zu stillen, wonach mir die Tintenfische die ganze Nacht sehr schwer im Magen lagen.


Ostersonntag, 12.04.2009
Zunächst mal allen ein recht frohes Osterfest.


Kathedrale Astorga

Heute früh habe ich alle meine Freunde wieder davonziehen lassen, da ich um 12 Uhr in der Kathedrale die Ostermesse mitfeiern möchte. Ob ich danach noch den Rucksack anschnalle, werde ich nachher entscheiden.

Nach dem Frühstück hatte ich Zeit und beschaute mir noch etwas die schöne Stadt Astorga. Dann besuchte ich das Museum “El camino”, welches in dem von Gaudi gebauten ehemaligen Bischofspalast untergebracht ist. Allein dieses Gebäude von innen zu besichtigen ist schon mehr als den Eintritt wert, vor allem dann, wenn die noch tief stehende Sonne mit ihren Strahlen das Gebäude durchflutet.

Um 11:30 Uhr ging ich zur Kathedrale, die gleich nebenan steht, um dann um 12 Uhr die Ostermesse mit zufeiern. Die Kathedrale war im Nu voll. Auch alle Stehplätze waren rasch vergeben. Das Chorgestühl, welches inmitten der Kathedrale nur vom Altar aus durch eine Pforte zu betreten ist, wurde von einem mächtigen Spanier bewacht, damit keine ungebetenen Besucher diesen Raum betraten. Dann kamen die Herrschaften mit großem Aufgebot. An der Spitze ein Herr in brauner Uniform und vielen Auszeichnungen. Es war in der Tat der Kronprinz Felipe mit großem Gefolge.
Der Bischof persönlich zelebrierte die Messe mit weiteren 20 Geistlichen und zu meiner großen Überraschung in lateinischer Sprache. Nur die Lesung, die Predigt und einige Lieder wurden auf spanisch gesprochen bzw. gesungen.


Ostermesse

Und nun kommt das Größte: Vor der Wandlung sang der Chor “unser” "Heilig, heilig, heilig ist der Herr", und zu meiner großen Überraschung in deutscher Sprache. Mir lief ein Schauer über den Rücken, und ich merkte wie meine Augen feucht wurden. Ich durfte ja nicht mitsingen, aber ich summte wohl so laut mit, dass meine Nachbarn es merkten.

Nach der Messe gab es nochmals eine Prozession. Der nun leere Glassarg wurde um die Kathedrale getragen, dieses Mal aber ohne die Henkerkapuzen und nicht mehr mit der schwermütigen Musik.

Nun war es 13:30 Uhr und ich hatte meinen Fuß wieder mal einen halben Tag geschont. Es hielt mich nun nichts mehr in der Stadt. Ich holte meinen Rucksack und ging noch 9 km bis “Santa Catalina de Somoza” wo ich gegenüber der Kirche eine gute Herberge mit Restaurant fand.

5 Antworten auf “Drei ungewöhnliche Begegnungen”

  1. Lothar Bouillon sagt:                        Ein unbekannter Blogleser

    Hallo Karl-Heinz

    Ich starte zu Fuß am 15.04.09 in S-J-P d P.
    und bewundere schon über längere Zeit täglich deine Berichte.
    Ich würde gerne wissen, ob es Sinn macht, ein Netbook mitzunehmen (1 Kilo) und ob es genügend WLan Möglichkeit gibt. Oder kann man in den Internetcafes auf dem Camino per USB Anschluss oder mit der SD Karte Bilder nach Hause senden?
    Wie machst du das?
    Weiterhin einen guten Weg wünscht dir Lothar

     

  2. Anni sagt:                                            Eine Jakobspilgerfreundin

    Lieber Karl-Heinz,

    ich wünsche dir ein frohes Osterfest und hoffe, dass mein 3. Kommentar endlich mal bei dir ankommt. Ich habe mich in den letzten Tagen hingesetzt und dir geschrieben - leider weiß ich nicht, warum die Kommentare nicht auf deiner Seite landen.

    Hoffentlich erreicht dich dieser Ostergruß. Ich wünsche dir für deinen Weg weiterhin wundersame Begegnungen. Ich freue mich immer wieder über deine netten Beiträge.

    Viele liebe Grüße und weiterhin einen buen camino,
    Anni

     

  3. Erwin sagt:                                        Der Hospitalero aus der "Casa Paderborn" in Pamplona

    Hallo Karl-Heinz,

    schön zu lesen wie dein Camino so verläuft. Ich habe mittlerweile meinen Job als Hospitalero in Pamplona beendet und bin seit Ostersonntag wieder bei meiner Familie in Böblingen. Ich wünsche dir noch viel Kraft und tolle Überraschungen auf deinem Camino. Wenn du es einrichten kannst, besuche auch die Herberge von La Faba, die von den Schwaben aus Stuttgart betreut wird.                                           

    Viele Grüße und buen camino Erwin

    Dank für den Tipp, habe ich gemacht

     

  4. Günter Knap sagt:                                Ein guter Freund samt Anhang

    Hallo Karl-Heinz,

    wir wünschen dir frohe Ostern und weiterhin viel Kraft und Gottes Segen auf deiner Pilgerreise.

    Inge u. Günter
    Barbara u. Fabienne

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