Noch ein Tag in Santiago
24. Tag, 27.Oktober 2010
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Es sollte noch ein Tag voller
Höhepunkte und Überraschungen werden.
Wir haben 11 Stunden geschlafen. Die Nächte sind zu dieser Zeit schon recht lang
in Spanien und der Schlaf tat uns gut.
Schon früh lachte die Sonne und wir machten uns noch einmal auf den Weg in die
Stadt.
Wir wollten uns heute die Kathedrale und die Dächer der
Stadt von oben ansehen. Wir hatten Glück und bekamen noch ein Ticket. Ab 12 Uhr
ging die Führung durch Nebenräume, die aber offensichtlich sehr wichtig waren,
da sie alle durch Videokameras überwacht wurden. Leider war die Führung auf
spanisch, sodass wir nichts verstehen konnten. Wir bestiegen durch einen Turm
die Zinnen der Kathedrale. In Wirklichkeit sind es gar keine Zinnen sondern
schräg verlaufende Betonstufen. Man kann praktisch auf dem ganzen Dach der
Kathedrale spazieren gehen.
Hier oben war man ganz nahe bei den Türmen und bei Jakobus, die man sonst nur
aus bestimmter Distanz zur Kathedrale betrachten kann. Wir schauten bei dem
schönen Wetter über die Dächer der Stadt Santiago. Es war ein Hochgenuss zum
Abschluss unserer Pilgerreise.
Als nächstes durchschritten wir noch einmal die heilige Pforte. Nun aber ohne lange Wartezeit. Wir nahmen Jakobus am Hochaltar noch einmal in den Arm und besuchten noch einmal den silbernen Schrein in der Krypta. Wir besichtigten zum wiederholten Male die Kathedrale. Besonders gut hat uns die Sakramentenkapelle gefallen. Alles ist hier mit den Vorbereitungen für den Papstbesuch in einer Woche beschäftigt. Überall wird noch gestrichen und gepinselt und auf dem Praza de Obradoiro ist die überdimensionale Bühne für den Festgottesdienst fast fertiggestellt.
Nach sechs Pilgermessen habe ich immer noch nicht den Botafumeiro, das über 50 kg wiegende silberne Weihrauchfass, in Aktion gesehen. Nun sahen wir ihn plötzlich über dem Hauptaltar angeschlagen. Die nächste Pilgermesse war um 18 Uhr. Nun war es erst 16 Uhr und es wurden Vorbereitungen für die hl. Messe getroffen. Auf Befragen, sagte man uns, dass um 16:30 Uhr eine Sondermesse stattfinden würde. Na, da hatten wir Glück und konnten uns in der dritten Reihe noch einen Platz aussuchen. Wir wählten das Seitenschiff der Kathedrale, da man von dort den
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Botafumeiro durch den ganzen Seitentrakt schwingen
sehen kann. Es war wohl eine Messe, die eigens für japanische Pilger zelebriert
wurde. Die Messe war genau so feierlich wie am Samstag die Pilgermesse.
Vor dem Schlusssegen wurde dann der Botafumeiro angezündet. Mit wuchtigem
Schwung wurde das Weihrauchfass in Bewegung gesetzt. Von sechs Männern wurde das
Weihrauchfass dann an einem langen Seil, welches oben in der Kuppel über eine
Winde geführt wird, durch das Querschiff der Kathedrale bis fast an die Decke
hoch geschwungen. Das war ein weiterer Höhepunkt zum Abschluss unserer
Pilgerreise.
In der Bank saßen neben Ursula noch drei Japanerinnen.
Während der Messe schaute ich irgendwann mal nach links. Neben der Bank stand
noch ein Mann, der im gleichen Augenblick zu mir herüberschaute. Er kniff die
Augen zusammen und ich spürte wie sein Hirn zu arbeiten begann, was bei mir im
gleichen Augenblick auch gleich geschah. Wir hoben im gleichen Augenblick die
Daumen hoch, um zu signalisieren, dass wir uns erkannt hatten.
Ich hatte den ganzen Tag schon damit gerechnet noch jemanden wieder zu sehen.
Einen Pilger womöglich, dem wir in den letzten drei Wochen irgendwo und
irgendwann auf dem camino begegnet sind.
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Es kam aber anders. Der Mann der dort stand war Uwe aus Chemnitz, mit dem ich im letzten Jahr mehrere Tage durch die Meseta bis nach Leon gepilgert bin. Na, das gab natürlich nach der Messe ein großes “hola”. Wir erinnerten uns an die Tappasrunde in Leon im vergangen Jahr, zusammen mit Claudia aus dem Schwarzwald, Raul aus Madrid, Andreas aus Paderborn und millo aus dem Osten Deutschlands. Euch allen senden wir von hier aus herzliche Grüße. Wir tranken noch ein Cerveza in einer Bar zusammen und mussten uns dann leider auch schon wieder, mit einem “buen camino” trennen. Da fragt man sich, ist das Zufall? Kann das alles Zufall sein?
Vor der Kathedrale sahen wir nun zu, wie neue Pilgergruppen sich vor Freude in die Arme fielen und sich beglückwünschten. Auch hier flossen immer wieder Freudentränen und wir freuten uns mit ihnen.
Wir kauften noch ein paar Andenken für unser Enkel und für uns ein und dann hieß es Abschied nehmen von Santiago, der Jakobusstadt, in der am 06.11.2010 Papst Benedikt aus Anlass des heiligen Jahres seinen Besuch macht.
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